Seriengründer und Tech-Investor Frank Thelen hat auf XING Klartext mit den Vorurteilen über Elektroautos aufgeräumt.

  • Aufgrund der Produktion seien E-Autos genauso schmutzig wie Diesel
  • Die Rohstoffgewinnung für Lithium-Ionen-Batterien sei umweltschädlich
  • Das sind nur zwei von vielen Vorurteilen, mit denen ich aufräumen möchte

In den Medien werden aktuell vermehrt Stimmen laut, die das grüne Image von Elektroautos kritisieren und einen fatalen Denkfehler aufdecken wollen. Sie verbreiten Folgendes: Berücksichtige man die Produktion der Autos und deren Batterien sowie die Erzeugung des Stroms, den die Fahrzeuge benötigen, kämen mehr CO2-Emmissionen zusammen, als bei einem Diesel oder Benziner. Doch wie steht es wirklich um die Ökobilanz der E-Autos? Ich möchte hier aufgeführte Argumente auf die Probe stellen.

Aussage: E-Autos emittieren mehr als Diesel

Es ist wahr, dass Elektroautos Strom brauchen und daher nur so sauber sein können wie der von ihnen verbrauchte Strom. Würden E-Auto-Besitzer zu 100 Prozent Kohlestrom verwenden, möge die Rechnung aufgehen, dass moderne Verbrenner eine bessere CO2-Bilanz besitzen als Elektroautos haben. Jedoch kommen bereits heute über 40 Prozent unseres Stroms aus erneuerbaren Energien. Und mit dem steigenden Anteil erneuerbarer Energien führen im neuen Ökotest des ADAC, dem Ecotest, auch entsprechend erstmals Elektroautos das Ranking an. Je mehr erneuerbare Energien wir nutzen, desto sauberer und nachhaltiger werden also Elektroautos, während Verbrenner unserer Umwelt immer gleichbleibend schaden werden.

Aussage: Die Stromversorgung erneuerbarer Energien ist unzuverlässig

Dies ist kein Argument gegen erneuerbare Energien, sondern eines für innovative Konzepte. Stromspeicher können eine effektive Lösung bieten, um mit der schwankenden Verfügbarkeit erneuerbarer Energien umzugehen, indem man in Stunden hoher Erzeugung (mit beispielsweise hohem Windaufkommen oder an sonnigen Tagen) und niedriger Nachfrage Strom in die Speicher einspeist und diesen in Phasen mit niedriger Produktion bzw. hoher Nachfrage verschiebt. Hierfür fehlen uns aktuell noch die richtigen technischen Lösungen, aber wir sind auf einem guten Weg.

Kraftblock ist ein Beispiel für einen ökonomisch und ökologisch sinnvollen Speicher, der seinen Teil dazu beitragen kann, dass die Sorge um die Volatilität Erneuerbarer Energien bald der Vergangenheit angehört. Das deutsche Startup Sonnen verkauft Speicher an private Häuser und verwaltet dies intelligent, lädt die Speicher voll, wenn ausreichend Strom aus erneuerbaren Energien vorhanden ist. Sogar die eAutos selbst können zum Speicher werden.

Aussage: Die verwendeten Batterien sind schlecht für die Umwelt

Ein weiteres Argument gegen Elektroautos ist, dass die Lithium-Ionen-Batterien schlecht für die Umwelt sind. Zwar sind sie heute noch nicht ideal, aber in Summe bereits besser als Diesel und andere Verbrenner. Das Wichtigste: Batterien haben 10x mehr Optimierungspotential als Verbrenner, die weitgehend ausentwickelt sind. Tesla beispielsweise will immer mehr auf die Verwendung seltener Rohstoffe für Batteriematerial verzichten und sich dagegen künftig auf Nickel konzentrieren. Und mit Maxwell und vielen anderen Firmen und Forschungsprojekten werden wir weitere Sprünge in den verwendeten Materialien, langlebigkeit und Energiedichte sehen.

Aussage: Bei der Herstellung von Batterien wird zu viel CO2 ausgestoßen

Seit 2017 kursiert in der Presse folgende Behauptung: Durch die Herstellung einer Tesla-Batterie würden mehr als 17 Tonnen CO2 ausgestoßen und man müsse acht Jahre damit fahren, damit es sich ökologisch rechne. Die zitierte Studie wurde jedoch falsch interpretiert. Zum einen wurden in der oft zitierten Studie Hybridfahrzeuge zu den Verbrennern gerechnet, was deren Durchschnittsemissionen natürlich senkt. Zum anderen basieren die prominenten 17 Tonnen auf dem Beispiel einer 100-Kilowattstunden-Batterie – einer Batterie, die wesentlich größer ist als die eines durchschnittlichen Elektroautos.

Der Journalist, der die Zahl in die Pressewelt gesetzt hatte, führt gegenüber dem Handelsblatt selbst an, dass es falsch sei, die Ergebnisse der Studie direkt auf Batterien von E-Autos anzuwenden. Elektrowagen haben ihm zufolge zudem den Vorteil, ihren CO2-Fußabdruck viel mehr senken zu können als Verbrenner. Somit seien sie eine Antwort auf den Klimawandel.

Aussage: Die Rohstoffgewinnung schadet der Umwelt

Es stimmt, die Rohstoffe der Batterien sind knapp. Doch ist das Vorkommen an Erdöl sehr viel knapper als das von Lithium oder Kobalt. Und es stimmt auch, dass der Abbau schlecht ist – sowohl für die Umwelt als auch für die indigene Bevölkerung vor Ort. Meine Hoffnung ist aber, dass die Forschung hier langfristige Perspektiven aufweist, beispielsweise indem grüne Alternativen zu den kritischen Rohstoffen verwendet oder Rohstoffe recycelt werden. Schon heute konnte zum Beispiel Tesla den Anteil dieser Rohstoffe um Faktoren reduzieren und die Ladezyklen (Lebensdauer) um ein vielfaches erhöhen.

Es ist also ein Problem, das man weiterhin adressieren sollte, für das es aber eine Lösung zu finden gilt, anstatt es als ein Argument für den Diesel oder andere Verbrenner zu nutzen, da Erdöl definitiv knapp ist – und die Klimaerwärmung unserer Umwelt unmittelbar schadet.

Aussage: Batterien sind ein Abfallprodukt

Was passiert mit den Batterien ausrangierter Autos? Anders als die Lithium-Ionen-Akkus ausrangierter Handys und anderer Elektrogeräte, stellen die Batterien der Elektroautos eine in jeder Hinsicht größere Herausforderung bei der Entsorgung dar. Das Recycling der Batterien ist momentan noch sehr teuer. Eine Möglichkeit ist Reusing statt Recycling, also die Wiederverwendung. Meist haben die ausrangierten Batterien noch bis zu 70 bis 80 Prozent ihrer Ladekapazität. Dadurch eignen sie sich zwar nicht mehr für ein Elektroauto, aber zum Beispiel als Stromspeicher für zu Hause. Auch Anwendungen wie Straßenbeleuchtung oder Backup-Power für Datenzentren werden getestet.

Die Möglichkeiten zur Verwertung und Wiederverwendung der Batterien würde dann auch noch einmal die CO2 Bilanz der Elektroautos verbessern.

Aussage: E-Autos sind die Zweitautos der Elite

E-Autos werden häufig als Zweitwagen angeschafft. Das liegt zugegebenermaßen daran, dass sowohl die Reichweite als auch die Infrastruktur noch nicht voll entwickelt sind und Elektroautos sich derzeit besser für Kurzstrecken eignen. Schauen wir auf Tesla, hat das Model S aktuell eine Reichweite von 632 Kilometern – bei energiesparender Fahrweise. In der Praxis sind das oft nur 500 Kilometer. Ich gehe jedoch davon aus, dass die Batterien im Jahr 2025 eine deutlich höhere Reichweite aufweisen werden.

Aussage: Den Benziner gegen ein E-Auto einzutauschen, ist verschwenderisch

Ja, ein Neukauf ist auf kurze Sicht nicht sonderlich umweltfreundlich, doch wir brauchen eine Wende hin zu einer nachhaltigeren Art zu leben und dazu gehört eben auch eine klimaneutrale Mobilität, wie sie langfristig mit Elektroautos möglich sein wird. Entscheidend ist, dass es nicht so weitergehen kann wie bisher. Ich fordere nicht, dass bestehende Autos verboten werden, doch ab jetzt müssen wir konsequent auf E-Mobilität setzen.

Fazit

Es ist nur menschlich, an altbekanntem festzuhalten. Und klar, wir Deutschen haben ein ganz besonderes Verhältnis zum Diesel. Aber vielleicht hilft es auch, sich die historische Entwicklung einmal vor Augen zu führen.

Auch der Dieselmotor hatte Startschwierigkeiten und man begegnete ihm zu Beginn mit Skepsis. Seinen internationalen Aufstieg hatte er auch der Ölkrise und seinem geringeren Ölverbrauch zu verdanken. Ironischerweise verstärkte die damalige Debatte um den Klimawandel seine Beliebtheit – er hatte nämlich einen geringeren CO2-Ausstoß als die anderen Motoren. Entsprechend entschied die Bundesregierung ab 1973, den Dieselmotor gegenüber dem Benzinmotor steuerpolitisch zu unterstützen. Diejenigen, die heutzutage in der Subventionierung der Elektromobilität also eine Verschwörung der Politik sehen, sollten sich vor Augen führen, dass der Dieselmotor damals ebenso subventioniert wurde.

Mit Elektromobilität haben wir nun eine umsetzbare Lösung, die sowohl umweltfreundlich als auch gesund ist, und die zudem mittelfristig enormes Potenzial mitbringt, noch nachhaltiger zu werden. Beim Vergleich von Elektroautos zu Verbrennern dürfen wir keinen Denkfehler begehen, indem wir von heutigen Umständen ausgehen. Der Anteil erneuerbarer Energien wird steigen. Elektroautos werden langfristig viel weniger CO2 emittieren als Diesel-Autos und andere Verbrenner. Sie werden das Smog-Problem lösen und außerdem zu weniger Lärm auf den Straßen beitragen.

Laut Scientists4Future werden es technologische Entwicklungen bald möglich machen, auf ein bezahlbares Energiesystem zu wechseln, das gänzlich auf erneuerbaren Energien basiert. Hierbei ist es aber auch wichtig, dass die Politik die zukunftsweisenden Technologien fördert.

Wenn der Diesel als Verbrennungsmotor einst der “Umweltmotor” war, müssen wir ihn loslassen, wenn er es nicht mehr ist, anstatt Angst vor neuen Technologien zu haben. Dennoch bin ich gegen Dieselverbote, da diese keine sozial nachhaltige Lösung sind. Stattdessen sollte ab 2025 kein einziges neues Fahrzeug mit Verbrennungsmotor zugelassen werden. Alte Fahrzeuge sollten aber uneingeschränkt weiter fahren dürfen.

Wir sollten also nicht den Unkenrufen folgen, die meinen, ein Wandel sei nicht möglich, sondern es gemeinsam versuchen. Wir müssen uns nur bewusst machen, dass das, was wir heute als selbstverständlich und altbekannt betrachten, auch einmal neu war. Wenn es nun bessere Alternativen gibt, ist es nicht rational, an Altem festzuhalten.

Quelle: https://www.elektroauto-news.net/2019/frank-thelen-vorurteile-e-autos-aufraeumen?fbclid=IwAR0pBgSCWid4-vJtazuY89dGRntQ_jADPONHsBEN_ahz8oesei1jTiDkD_c

https://www.xing.com/news/klartext/raumen-wir-mit-den-vorurteilen-uber-e-autos-auf-3329